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Kunst, Theater und Musik im leeren Hallenbad 16.12.2004 
Projektgruppe setzt sich für eine kulturelle Nutzung des geschlossenen Saarbrücker Stadtbades in der Innenstadt ein

Von Wiebke Trapp

Die Idee vereinigt jahrzehntelange gelebte Stadtgeschichte mit lebendigem, zeitgenössischem Kulturschaffen an einem Ort. Seit 2001 wird im Stadtbad St. Johann in der Saarbrücker Innenstadt nicht mehr geschwommen. Der unter Denkmalschutz stehende Bau aus den 50er Jahren steht leer. Was soll man damit machen?

Seine Atmosphäre, die für kulturelle Zwecke gut geeignet erscheint, hatten die Macher des Theaterfestivals "Perspectives" schon 2002 entdeckt und genutzt. Das Bad mutierte kurzfristig zum Festivalclub, was bei den Besuchern sehr gut ankam. Diese Erfahrung gab den Ausschlag für die Gründung der Projektgruppe "Stadtbad", deren Selbstverständnis der lokalen Kultur zugewandt ist.

"In allen Disziplinen findet man hier qualitativ hochwertige Künstler, aber wenn diese etwas erreichen wollen, verlassen sie das Saarland in Richtung Berlin, Frankfurt, München", skizziert Andreas Hoffmann (27), Sprecher der Projektgruppe, Erfahrungen der Szene. Der Grafikdesigner und seine Mitstreiter, zu denen auch der Konzertveranstalter Kultour gehört, wünschen sich für die Region "mehr Sendungsbewusstsein": Deshalb soll das alte Stadtbad in ein Forum des Austauschs zwischen Künstlern aus der Region und anderen deutschen oder europäischen Regionen verwandelt werden.

Eine "Wirkungs- und Werkstätte aller Disziplinen der Kunst mit Transferleistungen für die Spielstätte Stadtbad" soll entstehen. 6000 Quadratmeter stehen bereit, um als Ateliers, Proberäume und Werkstätten genutzt zu werden. 1500 davon entfallen auf die eigentliche Spielstätte: Das mit einem Mosaik gekachelte Schwimmbecken samt Halle, die unter anderem mit den berühmten Zolnhofer Mosaiken ausgelegt ist. Gute Akustik, die Galerie ums Becken und die bereits vorhandenen sanitären Anlagen seien optimale Voraussetzungen für diese ungewöhnliche Nutzungsidee. Finanzieren soll sich das Ganze mit einer intelligenten Kombination aus Kunst und Kommerz. Der erste Probelauf der Projektgruppe am 13. Februar habe nämlich zwei Dinge gezeigt: Kunst müsse nicht immer ein Subventionsgeschäft sein, und das Bedürfnis nach Veranstaltungen aus dem "Off-Bereich" sei groß.

Zur Präsentation des neuesten Werkes der jungen saarländischen Filmproduktionsgesellschaft "Human Pix", die mit "Traumtänzer" bereits einen Achtungserfolg beim Filmfestival Max-Ophüls-Preis 2001 erlangten, hatte man mit 600 Leuten gerechnet. 1400 strömten dagegen zu der Veranstaltung, die mit zwei Bands und einem überregional bestückten Poetry-Slam in der Eventliga spielte.

Gedanken zur Vermarktung und Bewirtschaftung des Kulturzentrums sind seitens der Projektgruppe in Bearbeitung. Dabei ist angedacht, über monatliche Pachtzahlungen für das Gebäude, am liebsten in Form von Mietkauf, Mittel in die Kasse des Besitzers, der Stadt, fließen zu lassen. Auf dem Außengelände könnten zusätzliche Parkplätze das Parkdilemma in Saarbrücken helfen zu entschärfen. Zusätzlich erhält die Stadt das Bad zur mietfreien Nutzung einer zu begrenzenden Anzahl von Veranstaltungen, wie sie für die Festivals beispielsweise in Anspruch genommen werden kann.

Daneben gibt es auch Pläne der Stadtratsfraktionen. So stelle sich die CDU vor, das Stadtbad samt Gelände in einen Wohnkomplex für Senioren zu verwandeln. Die landeseigene Entwicklungsgesellschaft (LEG) hat bereits Interesse am Kauf des Anwesens signalisiert und arbeitet an einer Projektierung für einen Misch-Wohnkomplex, der zu 50 Prozent von älteren Menschen genutzt werden soll. Die andere Hälfte soll zusätzlichen Wohnraum für Menschen erschließen, die nahe an der Innenstadt wohnen wollen, so LEG-Prokurist Heinz-Peter Klein. Dazu müsste das Gebäude aber abgerissen werden. Entschieden ist noch nichts – und es bleibt abzuwarten, welches Konzept sich durchsetzen wird. Kulturdezernent Rainer Silkenbeumer (SPD), der die private Initiative der Projektgruppe für die kulturelle Nutzung des Bades grundsätzlich begrüßt, will den Vorschlag prüfen. Allerdings geht er im Juni in Pension – und bis dahin wird wohl keine Entscheidung fallen.

DIE RHEINPFALZ 21.04.2004
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