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Schwimmen in Kultur statt im Wasser 19.12.2004 
Schwimmen in Kultur statt im Wasser
Von SZ-Mitarbeiterin Alexandra Raetzer

Das St. Johanner Stadtbad mit seinen bunten Zolnhofer-Mosaiken und den türkisfarbenen Kacheln wäre ein origineller Rahmen für das Kulturzentrum Stattbad. Dort könnten die kulturellen Kräfte Saarbrückens gebündelt werden.

Saarbrücken. Die türkisfarbenen Kacheln glänzen im Licht der Herbstsonne, die durch die große Fensterfront strahlt. Die bunten Zolnhofer-Mosaike verleihen der großen, lichten Schwimmhalle die Aura einer Galerie. Man stelle sich vor: Zuschauerränge werden im leeren Schwimmbecken eingebaut. Wo ehemals meterhohes Wasser zum Tauchen verlockte, ist Platz für eine Bühne oder Kinoleinwand. Eine einzigartige Kulisse für Theater, Konzerte, Performances oder Installationen aus Klang und Licht. Oben auf der Empore wäre Platz für ein Tanzcafe mit 70er-Jahre-Flair, unten im Foyer und im sonnigen Innenhof könnten Passanten und Berufstätige in der Mittagspause einen Imbiss nehmen.

Kulturelle Kräfte bündeln
Martin Heuer steht im Stadtbad, seine Augen glänzen. In seiner Fantasie ist es schon fertig, das große Kulturzentrum "Stattbad". Karlsruhe hat das Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM), Straßburg die bekannte Laiterie, sagt Heuer. Eine ungeheure Chance wäre es seiner Meinung nach für Saarbrücken, gäbe es ein "Stattbad" und damit ein Zentrum, das die kulturellen Kräfte der Stadt bündelt. Heuer ist 33 Jahre, hat Philosophie, Medienwissenschaften und Psychologie studiert. Seit einiger Zeit versuchen er und seine Mitstreiter vom Künstlerkollektiv "obn", sich bei den verantwortlichen Kommunalpolitikern Gehör zu verschaffen. Im Mai haben die "Stattbad“-Leute ihr Konzept in der Dezernentenkonferenz vorgestellt.

Jetzt geht's um die Finanzen
Jetzt hoffen sie auf grünes Licht, um weiter planen zu können. Finanziert werden, so die Stattbad-Initiatoren, könnte die Umnutzung des riesigen Gebäudekomplexes über Fördermittel der Europäischen Union. 80 Prozent der Umbau- und Instandsetzungsarbeiten könnten so finanziert werden, erklärt Heuer. Der Rest müsse zum Beispiel über Spenden aufgebracht werden. "Das Gegenkonzept, das derzeit diskutiert wird, sieht vor, das Gebäude zum größten Teil abzureißen und neu zu bauen." Aus Sicht Martin Heuers bedeutet dies eine vertane Chance - und den Verlust eines Gebäudes, das viele Saarbrücker nicht missen möchten. "Schwimmen in Kultur statt in Wasser, das ist eine Idee, die sowohl bei alten wie jungen Menschen gut ankommt", meint Heuer. 2006, pünktlich zum 100-jährigen Jubiläum des 1906 als Kaiser-Friedrich-Bad erbauten Gebäudes, könnte es seiner Meinung nach bereits losgehen. "Ophüls, aber auch das Forbacher Le Carreau haben bereits Interesse an einer Kooperation bekundet", sagt Martin Heuer. Unterstützt wird das Vorhaben von der Werbeagentur Maksimovic & Partners, die die professionelle Präsentation des Projektes übernommen hat. "Wir arbeiten ein Mal im Jahr unentgeltlich für eine soziale oder kulturelle Einrichtung", erklärt Ivica Maksimovic, Inhaber der Agentur und Rektor der Hochschule für Bildende Künste (HBK) Saar. Begeistert zeigte er sich von der Eigeninitiative dieser jungen Leute. Die Infrastruktur des Hauses sei noch in gutem Zustand, Elektroleitungen und sanitäre Einrichtungen könnten ohne teure Instandsetzungsmaßnahmen in Betrieb genommen werden, erklärt Heuer. Zur Energieversorgung sollen im Rahmen eines Modellprojektes Solarkollektoren auf den Dachflächen installiert werden, Regenwasser könnte in zwei riesigen Tanks gesammelt werden. Die an U-Boote erinnernden Behälter nehmen einen ganzen Raum im gigantischen Kellerlabyrint des verschachtelten Gebäudes in Beschlag.

Kurioses unter Tage
Viel Kurioses gibt es hier "unter Tage" zu entdecken: Gekachelte Duschkabinen reihen sich aneinander, ein Gewirr aus Rohren und Messeinrichtungen bilden die Eingeweide der musealen Schwimmbadtechnik. "Die größeren Räume hier wären für Studenten der Musikhochschule als Proberäume geeignet", meint Heuer. Ebenso wie die Hochschule für Musik Saar habe auch die Volkshochschule des Stadtverbandes Interesse bekundet. Sie könnte Räume im ehemaligen Verwaltungstrakt für Seminare nutzen.

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